18.02.21

Was sind Influencer und wie beeinflussen sie uns?

Sie vermarkten sich selbst auf sozialen Netzwerken und haben dadurch viel Einfluss auf andere Menschen. Was beinhaltet der Job eines „Influencers“ und warum ist er auch mit Vorsicht zu genießen?

 
 
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Was beinhaltet der Job eines Influencers?

Was sind Influencer?

Influencer. Die Bezeichnung, die es inzwischen sogar in den Duden geschafft hat, bedeutet so etwas wie „Vorreiter“ oder wörtlich „Beeinflusser“. Mit dem Wort „Influencer“ ist demnach eine Person gemeint, „die in sozialen Netzwerken besonders bekannt [und] einflussreich ist [und] bestimmte Werbebotschaften, Auffassungen o. Ä. vermittelt.“ Influencer können maßgeblich Einfluss nehmen auf die Meinungsbildung ihrer „Follower“, also den Leuten, die das Leben der Influencer regelmäßig über die Sozialen Netzwerke wie Instagram, Youtube und Twitter verfolgen. Influencer prägen deren Meinung mit politischen Stellungnahmen zum Beispiel, oder in dem sie zu Diäten oder zum Produktkauf animieren. Die einen wollen so sein wie sie, die anderen sind genervt von dem Hype, den sie genießen, weil sie der weitläufigen Annahme glauben, dass Influencer nur am Strand rumliegen und für’s Nichtstun Geld verdienen. Was einige Menschen sich nicht bewusst machen ist, dass viele Hotels zum Beispiel die Reisen sponsern, weil Influencer dann für ihre Resorts Werbung machen (müssen). Aber warum bekommen Influencer überhaupt so eine hohe Aufmerksamkeit in der medialen Debatte, gerade wenn es um Kinder und Jugendliche geht?

 

Influencer beeinflussen unsere Identitätsbildung

Womit wir uns umgeben, was wir uns vor Augen führen und womit wir uns vergleichen prägt uns und unsere Identitätsfindung. Als Ideale und Vorbilder können Influencer positiv dazu beitragen, dass wir uns in einem bestimmten Bereich motiviert fühlen. Wenn es zum Beispiel darum geht, den eigenen Wert nicht von Äußerlichkeiten abhängig zu machen. Unter dem Hashtag #bodypositivity befürworten Influencer eine positive und gesunde Einstellung zum eigenen Körper. Sie können uns auch dazu anhalten, aktiv zu werden und Hilfsorganisationen zu unterstützen oder sich für andere Menschen oder das Klima einzusetzen. Diese sogenannten „Sinnfluencer“ (Sinn + Influencer) schenken ihren Followern dadurch Ermutigung und machen auf Missstände in der Welt aufmerksam. Influencer können auch als Stütze dienen für Menschen, die eine schwere Zeit, ein Trauma oder eine Sucht durchmachen, in dem sie von ähnlichen Erfahrungen berichten. Es ist ihnen ein Anliegen mit ihrer Stimme und ihrem Einfluss Menschen eine Orientierungshilfe zu sein – auch in Glaubensfragen. „Christfluencer“ (Christ + Influencer) wie Jana Highholder, Theresa Brückner, Pastor Engel sind Beispiele dafür. Ein weiterer Grund, warum wir uns so gerne mit unseren Instagram, Youtube und Blogger Idolen beschäftigen ist, dass sie in uns ein Zugehörigkeitsgefühl auslösen. Ob ich mich nun mit den drei größten Themen von Influencer Marketing - Essen, Beauty und Reisen - identifizieren kann oder einen Blogger finde, der so wie ich leidenschaftlich gerne mit biologisch abbaubarer Straßenkreide malt – für jede noch so individuelle Interessensgruppe in den sozialen Medien gibt es eine Plattform. Das Ziel der meisten Influencer ist es, sich authentisch darzustellen, weil sie das für uns nahbar macht. Anders als einen Kinofilm anzusehen, haben wir bei unseren Online-Vorbildern das Gefühl, dass sie uns an ihrem Alltag teilhaben lassen, in dem auch Versagen Platz hat. Das gibt uns eine vermeintliche Pause vom gesellschaftlichen Leistungsdruck, der keinen Raum für Fehler bietet. Dass diese erfrischende Authentizität dennoch nicht der Wirklichkeit entsprechen kann, durchschauen viele Follower nicht.

 

Wer vergleicht, wird unglücklich

Influencer Marketing kann uns ganz schön unzufrieden machen. Nicht nur Jugendliche, sondern auch „30-somethings“ können in ihrer Selbstsicherheit erschüttert werden, weil sie ihre Wohnung nicht im sündhaft teuren Skandinavienstil eingerichtet haben, obwohl die Lieblings-Influencerin, die doch immer so glücklich aussieht, das so empfohlen hat. Woran liegt das? Daran, dass wir unsere imperfekte Realität und ihre Makel und Dellen, 40 Stunden-Wochen, Kindern mit Magendarm, Ehekrisen, einem „normalen“ Teenagerleben ohne Youtube-Kanal und Urlaub auf Balkonien mit der dargestellten und gefilterten Realität der Influencer vergleichen. Denn egal, wie authentisch sich unsere Vorbilder darstellen, hinter dieser Fassade steckt in den allermeisten Fällen ein Konzept. Sie lassen uns nur an Ausschnitten ihres Lebens teilhaben aber entscheiden selbst, was sie preisgeben und was nicht. Selbst wenn Influencer um so viel Transparenz bemüht sind wie möglich, entspricht ein Instagram Account nicht der Realität. Und so sehen wir Bilder von Menschen mit perfekter Haut, perfekt zerzauster Frisur und dem perfekten Nachthemd in Größe 32, die uns unter dem Hashtag #wokeuplikethis weismachen wollen, dass sie „so aufgewacht sind“. Dass für diesen „Schnappschuss“ oft 20 Bilder und vielleicht sogar ein bisschen Bildbearbeitung nötig waren, sehen wir nicht.

 

Influencer Marketing - nicht immer sind Meinungen und Empfehlungen von Influencern authentisch

Influencer werden oft bezahlt für sogenanntes „Product-Placement“: Wenn die Lieblings-Influencerin von ihrem allerliebsten Parfüm spricht, das sie so gerne zum Ausgehen trägt, dann kann es gut sein, dass sie dafür vom Parfümhersteller bezahlt wird. (Auf Instagram zum Beispiel muss inzwischen allerdings angegeben werden, dass es sich hierbei um Werbung handelt.) Weil viele Menschen sich stark mit ihren Idealen vergleichen und deren Konzepte nicht wahrnehmen, kann automatisch eine Art „Entwertung“ des eigenen Lebens entstehen. Es ist wichtig, Influencer Marketing kritisch zu hinterfragen. Sich bewusst zu machen, dass hinter der Marke ein Mensch steht, der nicht makellos ist, dessen Job es aber ist, sich „perfekt imperfekt“  darzustellen.

 

Kinder und Jugendliche mit ihren Influencer-Vorbildern begleiten

Daher ist es gerade bei Kindern und Jugendlichen sinnvoll, sich mit ihnen gemeinsam ihre Influencer-Vorbilder anzusehen und ihnen zu vermitteln, dass deren vermeintliche Authentizität, Perfektion und Schönheit nicht die Abwesenheit der eigenen bedeutet. Dass unser Leben nicht weniger wichtig ist, wenn wir nicht fünf Monate durch Thailand getourt sind, dabei zehn Kilo abgenommen haben und ein Mittel gegen unreine Haut erfunden. Vorbilder sind gut und Ideale ermutigen uns, unser „best self“ zu sein. Aber eben unseres, und nicht das selbst eines anderen. Es ist sinnvoll sich ehrlich zu fragen: Was kann ich für mich anwenden, wo kann ich mich inspirieren und ermutigen lassen und wo löst der Vergleich in mir ein eher entwertendes Gefühl aus. Und, wenn letzteres der Fall ist, so mutig zu sein, dem Influencer einfach nicht mehr zu folgen.

Autorin: Corinna Schmid

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