Kurzvideos: Instagram-Reels, Facebook-Reels, YouTube-Shorts und TikTok-Videos
Das vertikale Video hat die Social-Media-Kanäle nicht erst seit gestern erobert. Heute sind die Kurzvideos ein fester Bestandteil der sozialen Netzwerke und erreichen die höchste Reichweite. Was sollte man beim Erstellen dieser Kurzvideos beachten und welche Unterschiede gibt es bei den einzelnen Kanälen?
Kurzvideos auf TikTok, Instagram, Facebook und YouTube @canva
Vertikale Videos?
So laut die Kamerafrau in mir auch „NEIN“ schreien mag, vertikale Videos haben schon längst die sozialen Netzwerke erobert. Das hat mehrere Gründe. Der wichtigste ist, dass wir die Kanäle hauptsächlich mit dem Handy nutzen. Das könnte man zwar für jedes Video schwenken, doch wer sich schon einmal mit der einen Hand an der Haltestange in der S-Bahn festhalten musste und mit der anderen mit dem Handy in Instagram gescrollt hat, weiß, dass das gar nicht so einfach ist. Das gleiche Problem stellt sich bei der Aufnahme von Videos. Wenn man ein Video mit dem Handy horizontal aufnehmen möchte, braucht man beide Hände – vertikale Videos sind also praktischer, da sie mit einer Hand gefilmt werden können. Wir lassen die innere Kamerafrau einfach ruhen und finden uns damit ab, dass vertikale Videos viel einfacher zu produzieren und zu konsumieren sind.
Warum haben Videos die höhere Reichweite?
Menschen sind audio-visuelle Wesen. Wenn sich etwas bewegt, erzeugt das eine viel höhere Aufmerksamkeit als unbewegte Bilder. Wenn man also beim Scrollen durch die sozialen Netzwerke ein Bewegtbild sieht, bleiben wir meist länger daran hängen. Unsere Neugier wird geweckt. Was mag wohl als Nächstes passieren? Wie geht die Geschichte weiter? Unsere Aufmerksamkeit ist das höchste Gut auf Social Media und daher hart umkämpft. Die Sozialen Netzwerke wollen, dass wir so lange wie möglich dableiben und Content konsumieren. Nicht zuletzt, weil so mehr Werbung konsumiert wird. Deshalb werden Videos meist von den jeweiligen Algorithmen gepusht und mehr ausgespielt als Bilder oder reiner Text.
Warum haben Kurz-Videos die höchste Reichweite?
Auch das kann man wieder mit dem Alltag erklären. Wir haben keine Zeit und suchen in sozialen Netzwerken nach Bespaßung, schneller Information und Unterhaltung. Social Media dient uns als Zeitvertreib in den Pausen oder zwischendurch. Da kann und will man sich keine 2-stündige Doku ansehen, sondern schnell an die Information bzw. den Kern der Sache stoßen. Je kürzer und prägnanter, desto besser. Ein weiterer Punkt ist der Unterhaltungsfaktor: Je lustiger oder je emotionaler, desto besser. Wie eben schon erwähnt, wollen wir unterhalten werden. Deshalb sind die meisten Kurzvideos lustig oder manchmal auch etwas schockierend. Wer sich einmal durch eine Sammlung an Videos durchgeklickt hat, fühlt sich manchmal wie in einer Folge Pleiten, Pech und Pannen gefangen. Schadensfreude ist und bleibt leider die schönste Freude. Kein Wunder, läuft die Sendung seit 1986 bis heute in leicht abgewandelter Version.
Ein weiterer Punkt ist die Schnelligkeit. Auf den meisten Netzwerken ist die maximale Lauflänge auf 60 Sekunden limitiert. Da kann nicht viel Inhalt reingepresst werden. Da muss man schnell und einfach auf den Punkt kommen. Ein kleiner Trick, den einige Ersteller für sich entdeckt haben, ist, dass die Videos im Loop laufen, also immer wieder von vorne anfangen und in Dauerschleifen laufen, wenn man nicht weiterklickt oder wischt. Daher setzen sie auf Schnelligkeit. Vor allem beim eingeblendeten Text, damit man das Video noch einmal ansehen muss, um alles erfassen zu können. So wird das Video auch mehrfach von einem User ausgespielt und vom Algorithmus positiv bewertet und so weiterverbreitet.
Social Media Plattformen und deren Unterschiede
TikTok – Videos
Auf TikTok nahm das Ganze seinen Anfang. Die Plattform hieß früher Musicaly und war ausschließlich dafür konzipiert worden, Musik zu vermarkten. Hier konnte man bekannte Songs abspielen und dazu vor der Kamera Lippensynchron performen oder dazu tanzen. Auch heute noch ist das ein wichtiger Bestandteil, ist aber durch Challenges und lustige Sketche etwas in den Hintergrund gerückt. Durch Filter, unterschiedliche Abspielgeschwindigkeiten und jeder Menge Bearbeitungsmöglichkeiten sind der Erstellung von Videos kaum noch Grenzen gesetzt. TikTok ist ein eher junges Netzwerk. Bereits Musicaly war für Jugendliche zwischen 13 und 17 angelegt und das hat sich kaum geändert. Laut ard-zdf-onlinestudie von 2021 sind 40% der Nutzer zwischen 14 und 19 Jahren alt.
Längen:
- Videos, die man direkt über die App aufnehmen kann, können bis zu 60 Sekunden lang sein.
- Videos, die man hochlädt, können bis zu 3 Minuten lang sein.
Instagram – Reels
Seit 2020 gibt es die Funktion Reels bei Instagram. Das hat nicht zuletzt mit dem großen Erfolg von TikTok zu tun. Wenn man sich Instagram so ansieht, wurde sich schon früher bei anderen Netzwerken bedient, wie die Storyfunktion von Snapchat, oder die Feedfunktion von Twitter. Reels haben bei Instagram mittlerweile einen festen Platz und generieren die höchste Reichweite. Zurzeit wird ein neues App-Design getestet, in dem auch Bildbeiträge auf dem Handy hochkant angezeigt werden, wodurch sich Reels noch besser in den Feed einpassen. Anders als bei TikTok liegt jedoch der Fokus nicht auf Tanz- oder Mitsing-Videos, sondern auf Interaktion, Information und Kreativität.
Länge:
- Videos, die direkt über die App aufgenommen werden oder hochlädt, können bis zu 60 Sekunden lang sein. Zurzeit wird getestet, ob es auf 90 Sekunden erweitert wird.
Facebook – Reels
2012 wurde Instagram von Facebook aufgekauft und ist jetzt fester Bestandteil der Meta-Familie. Da wundert es nicht, dass die Grenzen zwischen den beiden Plattformen immer mehr verschwimmen. Erst gab es bei Facebook ebenfalls die Storyfunktion und nun sind auch die Reels bei Facebook gelandet. Viele Kanalbetreiber sind mittlerweile dazu übergegangen, ihr Posting auf beiden Netzwerken gleichzeitig auszuspielen, nicht zu letzte, weil man dafür nur noch ein Häkchen setzen muss. Reels bei Facebook sind noch recht neu und daher auch noch nicht vollkommen im Facebook-Universum etabliert. So ist es noch nicht möglich, die Reichweite oder andere Kennzahlen der Kurzvideos in der Business-Suite einzusehen, oder zu planen. Die Erstellung oder der Upload der Videos funktioniert aktuell nur über ein Smartphone. Hinsichtlich der Themen ist Facebook hier ganz klar „auf Krawall gebürstet“. Je lustiger, je provokanter und je mehr auf die Zwölf, desto besser.
Länge:
- Videos, die man direkt über die App aufgenommen werden oder hochlädt, können bis zu 60 Sekunden lang sein.
YouTube – Shorts
Ganz neu im Kreis der Vertikalen-Kurzvideo-Plattformen ist YouTube. Ich erinnere mich noch an den Aufschrei vor etlichen Jahren, als Handyuser Hochkantvideos auf YouTube hochgeladen haben, die natürlich auf 16:9 mit einem flimmernden Hintergrund umgewandelt wurden. Es entstand eine ganze Hassbewegung. Aber wie schon der Pate sagt: „tempi cambi“ (Zeiten ändern sich). Auch YouTube wird mittlerweile hauptsächlich über das Smartphone genutzt, da war der Schritt zu einem „neuen“ Format vorprogrammiert. Viele Kanalbetreiber nutzen die YouTube Shorts um ihre längeren Videos zu bewerben, indem sie nur Ausschnitte zeigen, oder Vorschauen erstellen. Für Kanalbetreiber bieten die Shorts eine neue Möglichkeit, Abonnenten zu generieren. In jedem Video ist der „Abo-Button“ mehr als prominent eingeblendet.
Länge:
- Videos, die direkt über die App aufgenommen werden oder die man hochlädt, können bis zu 60 Sekunden lang sein.
Kurzvideos auf Social Media
Tipps:
- Man hat zwar 60 Sekunden zur Verfügung jedoch bleiben die meisten User nicht länger als 30 Sekunden an einem Video hängen.
- Die ersten 3 Sekunden eines Videos entscheiden, ob man es weiter ansehen möchte oder weiterklickt. Hier sollte also schon neugierig gemacht werden, was weiter passiert. Oft wird „wait for it“ (abwarten) eingeblendet.
- In der Regel starten die Videos ohne Ton. Daher ist es wichtig Untertitel einzusetzen, oder das Video so aufzuarbeiten, dass der Ton keine große Rolle spielt.
- Die Videos laufen im Loop, also in Dauerschleife. Deshalb sollte man darauf achten zwischen Anfang und Ende einen weichen Übergang zu gestalten.
Themen:
- Tanzvideos oder Lippensnychron-Videos
- Challenges: Herausforderungen, bei denen andere mitmachen können
- Sketche, lustige Geschichten, Pleiten, Pech und Pannen
- Anleitungen, Rezepte, Tutorials
- Tiervideos (Cat-Content)
Fazit zu Kurzvideos auf Social Media:
Dadurch, dass auf allen Social Media Kanälen das Format der Videos gleich ist und die Themenauswahl sich ähnelt, besteht die Möglichkeit, mit nur einem Video gleich mehrere Kanäle gleichzeitig zu bespielen. Bei der Zeitvorgabe von 60 Sekunden sind sich die Plattformen ebenfalls annähernd einig. Die Erstellung der Videos ist einfach über das Smartphone in den jeweiligen Apps umzusetzen. Die Kameras der Smartphones sind mittlerweile auf einem so hohen technischen Stand, dass so manche Digitalkamera getrost in der Schublade gelassen werden kann. Es gibt abertausende Möglichkeiten Schrift, Sticker oder Musik einzupflegen. Auf allen Plattformen erhalten die Kurzvideos zurzeit die höchste Reichweite und die meiste Interaktion.
Also spricht alles für das „neue“ Format? Ich meine Nein! Durch die sehr geringe Lauflänge und die Schnelllebigkeit der Videos können hier tiefer gehende Themen schwer oder gar nicht dargestellt werden. Der Spaßfaktor muss und darf bei einigen Themen nicht im Vordergrund stehen. Kurzvideos sind passend, um schnell kurze Informationen zu vermitteln, jedoch um tiefer gehen zu können ist das klassische Video unumgänglich. Dennoch bieten die Kurzvideos viele attraktive Möglichkeiten, die eine mehr als eine gute Ergänzung in der Formatentwicklung darstellt.