Interview: Einsatz von Virtual Reality Brillen im pädagogischen Kontext

Wie sieht die mediale Arbeit mit Kindern und Jugendlichen in Zukunft aus? Welche Inhalte können vermittelt werden? Und warum sollte ich diese Technik überhaupt nutzen? Ein Interview mit dem Experten schafft Klarheit.

So ganz neu sind Virtual Reality Brillen, oder kurz VR-Brillen, und die damit zusammenhängende Technik auch nicht mehr. Dennoch wissen viele nichts damit anzufangen geschweige denn aktiv im Unterricht oder der Konfirmandenarbeit einzusetzen. Dabei verbirgt sich großes Potential in dieser (zugegeben klobigen) Technik.

Pädagogisch sinnvoll einsetzbar? Ja!

Pädagogisch sinnvoll einsetzbar? Na klar! [© canva/EMH]

Mir geht es sicherlich wie vielen von Ihnen: ich weiß zwar grob Bescheid über die Technik hinter Virtual Reality, habe mein Smartphone bereits in ein Cardboard gesteckt und entweder damit oder mit der VR-Brille Videos angeschaut. Ich weiß aber sicher nicht genug, um qualifizierte Antworten auf Fragen interessierter Personen zu geben. Daher habe ich einfach einen Experten befragt, um ein bisschen eine Idee zu bekommen, wie man Virtual Reality sinnvoll im pädagogischen Kontext einsetzen kann.

Dr. Thomas Ebinger war bis Ende 2018 Dozent für Konfirmandenarbeit am Pädagogisch-Theologisches Zentrum im Haus Birkach (ptz) in Stuttgart und außerdem Fachmann für den Einsatz von Virtual Reality. Er konnte mir meine Fragen schriftlich beantworten.

Dr. Thomas Ebinger ist Dozent für Konfirmandenarbeit

Dr. Thomas Ebinger war bis Ende 2018 Dozent für Konfirmandenarbeit [© Michael Fuchs]

Virtuelle Realität kennt man derzeit meist nur als Spielerei. Wie kann diese Technik nun sinnvoll im Unterricht und der Konfi-Arbeit eingesetzt werden? Und welches Potential hat VR?

Dr. Thomas Ebinger: Das Potential von VR für Bildungszwecke ist nach meiner Einschätzung riesengroß. Allerdings stehen wir hier erst am Anfang. Ein virtueller Rundgang durch das Jerusalem zur Zeit Jesu wäre genial. Ich habe schon mehrfach erlebt, wie faszinierend Konfis und Jugendliche den Blick in eine VR-Welt finden. Perfekt ist natürlich, wenn jeder gleichzeitig eine Brille hat, aber auch schon mit wenigen Brillen kann man etwa beim Stationenlernen viel anfangen. Das Tolle ist ja, dass viele Konfis heute ohnehin ein Smartphone haben, das mit einer einfachen Halterung, die mit Linse und in brauchbarer Qualität etwa 12 Euro kostet, zur VR-Brille wird.

Welche Inhalte können damit vermittelt werden? Wird damit der Unterricht und die Konfi-Arbeit von morgen gestaltet werden? Was sind ihre Erfahrungen und Prognosen?

Dr. Thomas Ebinger: Besonders spannend sind Einblicke in andere Welten, die man mit Konfis nicht so einfach besuchen könnte. Biblische Orte genauso wie Orte, die anderen Religionen etwas bedeuten wie Moscheen, Synagogen, heilige Orte. Auch virtuelle Gruppentreffen, bei denen man mit Hilfe eines Avatars im gleichen Raum ist und sprachlich miteinander kommunizieren kann, sind längst keine Zukunftsmusik mehr. So könnte man z. B. eine bundesweite Konfi-Gruppe für alle einrichten, die z. B. auf einem Sport-Internat sind, wo es keine reguläre Konfi-Gruppe gibt. VR erweitert hier nur die Möglichkeiten von Videokonferenzen.

Welche Rolle spielt hierbei die Nutzung einer 360°-Kamera?

Dr. Thomas Ebinger: Neben der Nutzung von Inhalten, die gerade vermehrt entstehen – genial finde ich z. B. den Kölner Dom in 360° – macht auch das eigene Produzieren von Inhalten großen Spaß. Die Kameras sind nicht mehr teuer und ermöglichen völlig neue Filmkonzepte. So kann eine Konfi- oder Jugendgruppe z. B. einen Film zu einer biblischen Geschichte oder einem Konfi-Thema drehen und dann der Gemeinde nach dem Gottesdienst oder beim Gemeindefest präsentieren. Über Youtube kann man inzwischen auch 360°-Filme bequem hochladen und verbreiten.

Was sollte beim Einsatz von VR-Brillen beachtet werden?

Dr. Thomas Ebinger: Wie bei jedem Medieneinsatz gilt: Man sollte es nicht übertreiben und die Technik passend zum Inhalt und zur Gruppe verwenden. Manchen wird es schlecht, wenn sie solche Brillen verwenden, besonders, wenn es um actionreiches Material wie Achterbahnfahrten geht. Experten empfehlen, nicht zu lang am Stück in den virtuellen Welten zu bleiben, damit man im normalen Leben nicht die Orientierung verliert.

Das Potential von VR für Bildungszwecke ist nach meiner Einschätzung riesengroß. Allerdings stehen wir hier erst am Anfang.

Was benötigt man alles für den Einsatz von VR im Unterricht und der Konfi-Arbeit?

Dr. Thomas Ebinger: Für den Einstieg und erste Experimente reichen Smartphones, auf denen Google Cardboard läuft, völlig aus. Mit „Cardboard Camera“ kann man dafür sehr leicht 360°-Bilder erstellen. So lässt sich z. B. ein schönes Gruppenbild machen oder ein Kirchenraum präsentieren. Dazu braucht man dann günstige Brillengestelle vom Elektronikversender der Wahl. Die noch günstigeren Papp-Cardboards würde ich übrigens nicht empfehlen, weil die optische Qualität und die Passform am Ende doch eher abschreckend sind.

Wenn die Ansprüche höher sind, habe ich mit der Samsung Gear VR-Brille und einem passenden Samsung-Handy gute Erfahrungen gemacht. Noch bessere Qualität gibt es dann mit eigenständigen Systemen wie HTC Vive oder Oculus Rift. Für die medienpädagogische Arbeit finde ich die allerdings zu teuer, weil man mit einem Gerät ja nicht weit kommt. Da würde ich persönlich eher in eine gute 360°-Kamera investieren.


Kurz gesagt:

In der Technik Virtual Reality liegt viel Potential. Sie ermöglicht Einblicke in andere Welten, die teilweise nicht einfach zugänglich sind. Gruppen, die räumlich getrennt sind, können VR als Erweiterung zur klassischen Videokonferenz nutzen.

Wichtig ist es, einerseits die technischen Möglichkeiten und Chancen zu begreifen und andererseits vor allem selbst einmal auszuprobieren einen VR-Brilllen-tauglichen Film mit einer 360 Grad Kamera zu machen. Der technische Aufwand hält sich außerdem in Grenzen, da ein großer Teil der Zielgruppe bereits ein Smartphone besitzt. Die VR-Brillen oder Kameras selbst können auch problemlos ausgeliehen werden.

Dennoch sollte beachtet werden, dass auch VR, wie so viele Medien, nicht zu lange genutzt werden sollte, um den eigenen Körper nicht unnötig zu strapazieren.

An dieser Stelle geht auch noch mal ein großer Dank an Herrn Dr. Ebinger!


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